Michael Bischof

Michael Bischof

Aufgalopp des Schreckens

Im Jahre 1997 wüßte ich noch nicht was eine “Datei” sein soll. Mein erster PC war ein Acer Laptop mit Windows95, den ich wie eine Schreibmaschine benutzte. Leider mit dem Programm Works - später sollte das sehr ärgerlich werden (es ist kaum noch möglich wps-Dateien zu öffnen, um sie dann umzuformatieren: wer hat denn noch “Works”?). Zum ersten Mal einen Desktop-PC hatte ich Ende 2002, damit auch Internet-Anschluß unter ISDN. Im gleichen Jahr fing ich mit Linux an.

Grund für den Umstieg

Ich bin Biologie- und Geographie-Lehrer an einem Gymnasium in Rüsselsheim. Wenn ich mit dem PC zu arbeiten beginne brauche ich ihn dauernd als Arbeitsmittel. Gleichzeitig muß ich aber lernen, ohne dafür aber eine systematische Anleitung bekommen zu können. Anders als bei anderen technischen Geräten in meinem Leben mußte ich eine Art “learning by doing” beginnen - eine unmögliche Kombination, wenn man gleichzeitig die Ergebnisse seiner Arbeit sicher speichern will/muß. Immer wieder weigerte das Gerät sich hochzufahren, ohne aber irgendeine verwertbare Fehlermeldung, irgendein Indiz zu liefern. Außer eben daß es nicht ging. Ich mußte also immer wieder kleinlaut und mit demütigem Dackelblick zu den großen Jungs gehen (Ernst May-Jung, Patrick Glanz, Sascha Wolf, Denny Schierz). Ganz schlecht für meine verbissene Persönlichkeit. Und der Schuldige: Windows, Bill Gates. Wegen dieser Canossa-Erlebnisse begann ich MS zu hassen.

Es kommt noch etwas dazu. Diese Windows98-Software war nicht etwa zu teuer. Wollte man aber weitere Software haben mußte man diese im Netz suchen. Dann war man in der “Windows-Welt”: genau die gleichen widerlichen Hochglanz-Prospekte, die ich zähneknirschend täglich aus dem Briefkasten hole und in die Tonne trete - überall in der Welt proprietärer Software sah es so aus. Dazu zähle ich auch die Telekom-Nachrichtenseite und ähnliche Angebote. Ästhetisch einfach furchtbar. Jedenfalls nicht meine Welt.

Hauptmotiv

Der wichtigste Grund ist aber ein anderer: es ist das Interesse daran die Freiheit zu behalten. Und damit meine ich nicht die Freiheit, das Betriebssystem zu wählen, das ich will. Ich meine es im politischen Sinne. Die IT-Technik und die mächtigen Multis haben Geschäftspraktiken eingeführt, die sich in nichts von denen der Drogenhändler unterscheiden: anfixen, abhängig machen, auslutschen…mit X% des Gewinns die Justiz und die Politik “pflegen”. Microsof hat das Klauen resp. das absichtsvolle Beklautwerden als festen Teil der eigenen Verkaufspolitik soweit popularisiert, daß man heute in den meisten “Mittelstandsfamilien” Sachen im Wert von einigen tausend Euro geklaut vorfindet. Und Leute, die hoffen, dass das Schicksal ein Auge zudrückt, reagieren als Staatsbürger eben nicht mehr wie freie Menschen, sondern wie Sklaven, die erleichtert sind, dass dafür heute die Peitsche eingepackt bleibt. Und das gilt dann nicht mehr nur für das Feld IT-Technik in weiterem Sinne sondern allgemein. Daher würde ich auch dann Linux statt Windows benutzen wenn ich es für technisch die schlechtere Wahl hielte. Tatsächlich ist es umgekehrt: ich arbeite mit Linux schneller und viel komfortabler. Und bei Fehlern habe ich die Chance herausfinden zu können, wo etwas hängt, ohne stundenlang in der für mich teuren Endlosschleife irgendwelcher Call-Center eingesperrt zu sein.

Als Beispiel führe ich das im Alltag lästige Problem an, dass man irgendwo auf einem Windowsrechner eine Diskette einlegt (von der man weiß, dass sie richtig geschrieben wurde und funktioniert) und die Meldung kommt: “Der Datenträger im Laufwerk A:\ ist nicht formatiert - Jetzt formatieren?” - woraufhin dann alle Daten weg wären. Unter Linux ist es kein Problem diese Diskette auszulesen, selbst wenn einige Blöcke kaputt sind!

Kostenlos-Kultur und sozialer Druck

Wie oft passiert es dass man mit Leuten kommunizieren will und diese verlangen, dass man auch auf WhatsApp einen Account einrichtet. Wenn man protestiert und darauf verweist, dass man seine Daten lieber selber nutzen will, kommt stets das Gegenargument: aber WhatsApp hat doch Jeder? - Als ob es gleichsam asozial wäre es nicht zu haben.

Wie erst sieht es dann aus wenn ein Angebot kommt kostenlos telefonieren zu können?

(Der Clou ist natürlich: ok, Telefon und SMS schicken ist kostenlos, aber Google hört jedes Wort mit! - Hinweis von Jens Richter)

Linux lernen

Am Anfang war es sehr ungewohnt und ohne die Kommunikation mit Anderen undenkbar. Ich begann mit Red Hat (Patrick Glanz), dann auf Anraten der PUG-Mailingliste Mandrake (Rıdvan Ağar, Sascha “Adnae” Wolf) Mandrake, später lernte ich von Denny Schierz und Robert Weißgräber den Umgang mit Debian (ein wenig…).

Um Linux zu popularisieren wurden in der Schule auch Seminare gemacht. Das Erste mit Jochen Hein über LaTeX, das zweite sollte ein Debian-Seminar werden,es wurde aber eine Installationsparty draus. Beide haben Wirkungen, die bis heute, 3 Jahe später, anhalten. In einem Schulprojekt wurde dann eine SLAX-Live-CD erstellt (ein Schüler hatte die Idee von sich aus beigesteuert) und seitdem tummele ich mich auch in den SLAX-Foren.

Daraus folgte eine rege Mitarbeit in den Slax-Foren und die Internet-Bekanntschaft mit einem besonders begabten User namen flux. Es entstand die Idee, eine Slackware-Variante zu entwickeln, vollständig fertig konfiguriert, die out-of-the-box für jeden Schüler sofort benutzbar sein sollte. Als Live-CD, die sehr einfach auch auf ziemlich alten Geräten zu installieren sein sollte. Diese fluxflux genannte Distribution ist die für diesen Zweck beste Linux-Variante geworden, fehlerfrei, die ich je in der Hand hatte.

Das Vergnügen mit der Parole „Linux kann man auf jeder Kaffeemaschine installieren!“ hat mich nie losgelassen. Besonders pfiffige Mini-Distributionen, welche mit geringer RAM-Beansprung auf alter Hardware laufen, haben es mir angetan. Zum Stammtisch am 8.12.2015 bringe ich einige mit.

Interessen

Mein Hauptinteresse im Moment liegt darin die PUg nicht absterben zu sehen. „PUG“ war für mich immer das, was zwischen der Liste, dem Stammtisch und privaten Kontakten zu Einigen los war. Meine These ist: ohne informelle regelmäßige Anbindung an eine alters- und berufsmäßig gemischte Anwendergroup wie die PUG macht Linux für den IT-Laien einfach nicht richtig Spaß.

Es wird auch Zeit, die enormen Vorteile, die eine Linux-Umgebung bietet, auch zu nutzen:

Der letzte Schritt - zurück zu den Anfängen

Der Erwerb eines Amazon Fire Tablet-PCs - obwohl klar war dass dieser durch und durch mit vorinstallierten kommerziellen vendor-lock-in-Programmen und „Apps“ durchseucht ist. Der kritische Leser ist natürlich skeptisch. Also lese er hier: http://www.cnet.de/88162824/amazon-dienste-sollen-tiefer-in-android-integriert-werden/

Im Grunde brauche ich so etwas für mich selbst nicht. Es interessiert mich aber zusammen mit ähnlich Interessierten hier in unserem Kreis herauszufinden, wie weitgehend man mit OpenSource-Werkzeug das Teil im Wortsinne wiederaneignen kann. Für mich ist das auch ein Eintritt in die fremde Welt proprietärer Software mit ihren workarounds, „sideloadings“, „jailbreaks“ und anderen Insiderdingen.

Das Amazon Fire (5. Generation, Fire OS 5.1.1) ist eine Art Einkaufshilfe nur bei Amazon mit den Zusatzmöglichkeiten Mails zu empfangen/verschicken, zu browsen und Dokumente zu lesen, sehr eingeschränkt zu schreiben, sowie e-books zu lesen. War mit 50€ nicht teuer. Aber, genauso wie mein erster PC mit Internetzugang (Win989), es gehört nicht mir: ich habe es nur bezahlt.

Also wieder auf dem Stand von 2002. Wie kann man das vendor-lock-in brechen, how to break free?

Also im Netz suchen. Den Tip, dass es eine sehr aktive Entwicklergemeine um „xda developers“ gibt, verdanke ich Thorsten Gowik. Dann die Suchmaschine anwerfen.

Die arbeiten freilich überwiegend mit Windows-Usern und müssen daher Software für diese liefern.

Ergibt u.a. das hier: https://www.androidfilehost.com/?w=file-thanks&fid=24352994023705981&mid=71&download_id=vccmj4a12n3c4r96nbi9l6oer2&tid=1453452116&hc=ea063be959d3d7dcecb477bf0811d5777101934471dd2de6790ae228ef60ee4c

download AutoRootScriptv4.14.zip for the Amazon Fire 2015 Tablet, by glitch3yf0x

178.3MB md5 dbbe0fde2f9e2f05f2162e93454e8ab5 upload date Jan 04, 2016 | 11:55PM the developer glitch3yf0x

Der Grund, warum ich das hier zeige: der Entwickler glicth3yf0x bietet das Gleiche hier für Windows, OSX und für Linux an. Die Unterschiede im Risiko der Anwendung sind geradezu dramatisch. Wenn z.B. die Installation am Problem der Zertifizierung von Treibern unter Windows hängt kann das Pad beschädigt zurück bleiben.

Das Risiko, dies einfach unter Windows anzuwenden, ist hoch. Ein Fehler und man hat Elektronikschrott, in der Szene wohl „brick“ genannt.

Das Ergebnis muss dann mit Linux-Mitteln repariert werden, wie hier zu sehen: „Please can someone upload 5.1.1 lk.bin? | Amazon Fire“

http://forum.xda-developers.com/amazon-fire/help/please-upload-5-1-1-lk-bin-t3298662

„@Kramar111, it works! Thank you so much again! I’ve rebooted my Fire and it’s fine now!“ - Schön für ihn. Aber das will man eigentlich vermeiden.

Nach der tagelangen Lektüre diverser Tipps und Tricks im Netz, überwiegend eben für Windozer, tippt man auf Debian-Jessie in eine root-Konsole ein:

„apt-cache search android“

abootimg - Werkzeug zum Lesen/Schreiben/Aktualisieren von Boot-Images für Android

android-tools-adb - CLI-Werkzeug Android Debug Bridge

android-tools-fastboot - Befehlszeilenwerkzeug für das Android-Protokoll Fastboot

Und wäre in wenigen Sekunden/Minuten installiert. Nur Eins fehlt noch: die Erfahrung im Umgang damit.

Und die kriegt man über die PUG?

Hoffentlich! ;-)